In irdenen Gefäßen

Zum Missionsverständnis
der SVD im Wandel

Christian Tauchner SVD

5. Juli 2025 Unterkirche St. Michael, Steyl

 

Zerbrechlichkeit ist vielleicht eine der Perspektiven, die uns in diesem Moment der Ausstellung am meisten ins Auge springen kann: Viele der Objekte der Ausstellung sind zerbrechlich, die Künstlerin hat sich lange mit Glasdias und Glasnegativen beschäftigt und davon mit viel Vorsicht Abzüge geschaffen, die wir jetzt betrachten können. Diese Fragilität der Glasnegative, die Forderung nach einem vorsichtigen Umgang damit, ist aber nicht nur ein Problem der Künstlerin, sondern sie ist uns auch aufgegeben, wenn wir uns dem Hintergrundthema nähern – dem Verständnis von Missionsauftrag, der Umgang mit Geschichte.

 

In einer Zeit von cancel-(Un)Kultur, in unserem Kontext vollmundiger Behauptungen und Globalverurteilungen ist ein vorsichtiges und differenzierendes Umgehen mit komplexen Fragestellungen zu mühsam.

 

Paulus an die Korinther

Der Titel meines Vortrags ergab sich bei einer ersten Besprechung hier in Steyl, mit Krien Clevis, Reiner Theißen und Roland Scheid. Da ging es schon um diese Ahnung von der Zerbrechlichkeit der Bilder und geschichtlichen Erinnerungen. Für jemanden von der „Gesellschaft des Göttlichen Wortes“ sollte es dann ja nicht mehr weit sein zur Bibel, um dort eine Beschreibung für die eigene Situation zu finden. Das war dann der Satz von den zerbrechlichen Gefäßen: „Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen“, aus dem zweiten Brief des Paulus an die Korinther (2 Kor 4,7).

 

Wie kommt Paulus dazu? Er war ja um das Jahr 50 in Korinth gewesen, in einer recht eigenartigen Stadt. Es gab in seiner Zeit den Ausdruck „korinthiazesthai“, „leben wie die Korinther“, der „besagte: ein dem Trunk ergebenes, sittenloses, liederliches Leben führen. Der spätgriechische Schriftsteller Aelian berichtet, daß Korinther, sofern sie in einem Schauspiel auftraten, stets als Trunkenbolde dargestellt wurden. Korinth war ein Synonym für Liederlichkeit. […] Händler und Seeleute aus aller Welt hatten [alle möglichen Laster] mitgebracht, und so wurde der Name Korinth ein Synonym nicht nur für Reichtum, Luxus, Trunkenheit und Liederlichkeit, sondern auch für jede Art von niederer Gemeinheit.“1

 

Gerade in dieser Stadt entsteht eine wunderbare Gemeinde, in der sich Paulus wohlfühlt. Nur in Ephesus hielt er sich länger auf, in Korinth lebte er eineinhalb Jahre. Von Ephesus oder Philippi aus blieb Paulus in Kontakt mit seiner Gemeinde, offenbar schrieb er des Öfteren und seine Briefe wurden allmählich zu den beiden Briefen zusammengefasst, die uns heute vorliegen – vielleicht erst 40 Jahre nach seiner Zeit in Korinth. Es gab wohl einige Besuche des Paulus, um Dinge klarzustellen (auch wenn nur in Apg 18,1-17 von einem Besuch berichtet wird2).

 

Im zweiten Brief geht es um eine Reihe von Streitigkeiten, Paulus muss sich gegen Anschuldigungen und Verdächtigungen zur Wehr setzen. Diese Schwierigkeiten mit seiner Lieblingsgemeinde frustrieren Paulus, aber sie geben ihm auch die Möglichkeit, sich seiner eigenen Geschichte und Identität wieder deutlicher bewusst zu werden: Seine Erfahrung ließ ihn erkennen, dass er „ganz und gar auf Gott zurückgeworden“ ist, „er war sich seiner Abhängigkeit von Gott voll und ganz bewusst geworden“3 (vgl. 2 Kor 1,9).

 

Am Anfang des 4. Kapitels beschreibt Paulus seine Situation und bewegt sich zwischen der eigenen Schwachheit, in der aber Gottes Möglichkeiten zum Vorschein kommen: Daher erlahmt unser Eifer nicht in dem Dienst, der uns durch Gottes Erbarmen übertragen wurde. 2 Wir haben uns von aller schimpflichen Arglist losgesagt; wir verhalten uns nicht hinterhältig und verfälschen das Wort Gottes nicht, sondern machen die Wahrheit offenbar. So empfehlen wir uns vor dem Angesicht Gottes jedem menschlichen Gewissen. 3 Wenn unser Evangelium dennoch verhüllt ist, ist es nur denen verhüllt, die verloren gehen;4 denn der Gott dieser Weltzeit hat das Denken der Ungläubigen verblendet. So strahlt ihnen der Glanz des Evangeliums von der Herrlichkeit Christi, der Gottes Bild ist, nicht auf. 5 Wir verkünden nämlich nicht uns selbst, sondern Jesus Christus als den Herrn, uns aber als eure Knechte um Jesu willen. 6 Denn Gott, der sprach: Aus Finsternis soll Licht aufleuchten!, er ist in unseren Herzen aufgeleuchtet, damit aufstrahlt die Erkenntnis des göttlichen Glanzes auf dem Antlitz Christi. (2 Kor 4)

 

Diese Erfahrung versteht Paulus als den Schatz, den er in Händen hält, und damit muss man vorsichtig umgehen: 7 Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen; so wird deutlich, dass das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt. 8 Von allen Seiten werden wir in die Enge getrieben und finden doch noch Raum; wir wissen weder aus noch ein und verzweifeln dennoch nicht; 9 wir werden gehetzt und sind doch nicht verlassen; wir werden niedergestreckt und doch nicht vernichtet.

 

Diese Einsicht wird übrigens in verschiedenen Bibelübersetzungen recht unterschiedlich akzentuiert: – Wir haben aber diesen Schatz in tönernen Gefäßen, damit das Übermaß der Kraft sei Gottes und nicht von uns. (Münchener NT) – Wir allerdings sind für diesen kostbaren Schatz, der uns anvertraut ist, nur wie zerbrechliche Gefäße, denn es soll deutlich werden, dass die alles überragende Kraft, die in unserem Leben wirksam geworden ist, Gottes Kraft ist. (Genfer 2010) – Ich trage diesen Schatz in einem ganz gewöhnlichen, zerbrechlichen Gefäß. Denn es soll deutlich sichtbar sein, dass das Übermaß an Kraft, mit dem ich wirke, von Gott kommt und nicht aus mir selbst. (Gute Nachricht 2018) – Sie ist ein unermesslicher Schatz, den ich an meinem Leib wie in einem Tongefäß verwahre. Darin wird ganz deutlich, dass die reiche Vollmacht, die ich habe, von Gott kommt und nicht von mir selbst. (Klaus Berger4)

 

Dieses Wort von einem „Schatz in tönernen Gefäßen“ ist übrigens in der griechischen Welt so nicht bekannt, es könnte also eine eigene Metapher des Paulus sein.5 Damit eröffnet Paulus einen Horizont und eine weite Perspektive, von der ich glaube, dass sie auch die Sicht auf unsere eigene Missionsgeschichte und Geschichte als Missionare und Christen beleuchten kann: Es ist ein Bewusstsein von Endlichkeit und Beschränktheit, von Scheitern und Schwierigkeiten, aber von Gott her in die Weite gestellt. Paulus verwendet Gegensatzpaare: Trübsal, aber Weite; Verfolgung, aber nicht verlassen; bange, aber nicht verzagt; unterdrückt, aber nicht umgekommen. Darin wird eine Gleichförmigkeit und Ähnlichkeit mit dem Leben Jesu Christi offenbar.6 Die Lebensgeschichte des Paulus lässt sich interpretieren gerade nicht als Scheitern, sondern als Erweis der Kraft Gottes.7

 

Missionarsleben

 

Vielleicht fragen Sie sich seit geraumer Zeit, ob Sie hier in einen falschen Vortrag hineingeraten sind oder im Thema betrogen werden. Ich hoffe, Sie sind noch dabei und wir schwingen uns jetzt in das Thema der Steyler Missionsgeschichte und -perspektive ein. Denn die hier angesprochenen Themen im Paulusbrief stellen in Wirklichkeit einen guten Spiegel dar, um unsere Geschichte darin wieder zu erkennen.

 

Die zentrale Frage dieser Ausstellung geht ja in die Richtung: „Was ist deine Mission?“ Das ist zunächst noch keine Frage nach einer theoretischen Reflexion. Interessanterweise schließt diese Frage an eine Behauptung an, die von Papst Franziskus als Behauptung, Aufforderung und Zusage formuliert wurde: Die Mission im Herzen des Volkes ist nicht ein Teil meines Lebens oder ein Schmuck, den ich auch wegnehmen kann; sie ist kein Anhang oder ein zusätzlicher Belang des Lebens. Sie ist etwas, das ich nicht aus meinem Sein ausreißen kann, außer ich will mich zerstören. Ich bin eine Mission auf dieser Erde, und ihretwegen bin ich auf dieser Welt. (EG 273)

 

Diese Identifizierung als Missionar und wie sehr diese Perspektive das Leben bestimmt hat, kommt in den verschiedenen Stellungnahmen von alten und älteren Steylern in dieser Ausstellung zur Sprache. Die Steyler haben erkannt, wie Franziskus weiß: Man muss erkennen, dass man selber gebrandmarkt ist für diese Mission, Licht zu bringen, zu segnen, zu beleben, aufzurichten, zu heilen, zu befreien. (EG 273)

 

Franziskus zählt hier auch einige Aufgaben von Missionaren aus und mit dem Hinweis auf das „Licht zu bringen“ kommt uns ein zentrales Thema der Steyler in den 150 Jahren entgegen. Wir sind mit dieser Perspektive der Ausstellung also ganz aktuell in der Reflexion auf Mission. Diese persönliche Identifizierung von Jünger Jesu und Mission ist jetzt bei Franziskus in Evangelii gaudium eine etwas unerwartete Wendung für das Missionsverständnis. Evangelii gaudium handelt von der Mission nicht als einem System oder Tätigkeitsbereich von Kirche, als eine Aufgabe nach außen, sondern ganz im jesuitischen Sinn wendet sich Franziskus hier dem Zentrum zu, dem Evangelium. Und er spricht nicht von einer Aufgabe, wie das Johannes Paul II in Redemptoris missio ein Vierteljahrhundert vorher noch betonte: Die Sendung Christi, des Erlösers, die der Kirche anvertraut ist, ist noch weit davon entfernt, vollendet zu sein. Ein Blick auf die Menschheit insgesamt am Ende des zweiten Jahrtausends zeigt uns, dass diese Sendung noch in den Anfängen steckt und dass wir uns mit allen Kräften für den Dienst an dieser Sendung einsetzen müssen. (RM 1). Auch wenn Franziskus von Dringlichkeit und Zwang spricht, geht es doch um gaudium, und damit ist nicht etwas Lustiges gemeint, sondern Sinn, Zufriedenheit, Erfüllung. Diese Sinnerfüllung kommt von der Beziehung zum Evangelium, dem Wort Gottes in Person.

 

Gebet und Mission

 

Der Kontext von Sinnerfüllung und dem menschgewordenen Wort Gottes führt uns zurück vor die Anfänge unserer Kongregation. Im Kleinen-Herz-Jesu-Boten 1874 schrieb Arnold Janssen: Dieses Ziel ist die Glaubensverbreitung, an der [Kleine-Herz-Jesu-Bote] mitwirken will. Ein frommer Schriftsteller hat gesagt, das höchste und verdienstlichste aller Werke wäre die Rettung der Seelen. Dies ist klar; denn das war ja auch das Werk Jesu Selbst. Wer aber den Glauben verbreitet oder dazu mithilft, der rettet nicht bloß eine Seele, sondern die Seelen Vieler. Denn hierbei müssen wir nicht bloß an die Bekehrten, sondern auch an ihre Nachkommen denken.8

 

Die Zeitschrift bringt Informationen über Missionsländer und Gebräuche anderer Kulturen und Völker. Interessanterweise eröffnet sich die erste Seite des KHJB mit einem Gebet; es geht also gar nicht so sehr um die Informationen, die sich auf den folgenden Seiten finden, sondern diese Berichte und Beschreibungen soll der Leser in einem Gebetskontext lesen. Und auf die gleiche Weise enden die Berichte mit einem Gebet: „Gebet des Lesers beim Schlusse der Lesung. Göttliches Herz Jesu, durch das unbefleckte Herz Mariä opfere ich Dir für den nächsten Monat auf alle meine Gebete, Werke und Leiden in Vereinigung mit allen heiligsten Absichten, für welche Du Selbst auf unsern Altären ohne Unterlaß Dich opferst; ins Besondere für die h. Kirche, ihr Oberhaupt und alle ihre Diener und für das ganze gläubige Volk, für die Bekehrung der Sünder, die Rückkehr der Verirrten, die Erleuchtung der Ungläubigen und den Trost der armen Seelen des Fegfeuers. Namentlich bitte ich Dich, dass Du viele heilige Männer erwecken, den Eifer der Gläubigen entflammen, das Wirken der Missionare segnen und die über so viele und große Länder verbreitete Finsterniß durch die einträchtige Mitwirkung aller Deiner Kinder entfernen mögest. Dazu hilf uns, o süßester Heiland, durch die Liebe Deines göttlichen Herzens und die Fürbitte aller Deiner Heiligen. Amen.“9 Für Arnold Janssen waren die Nachfolge Jesu und das Gebetsleben wesentliche Grundlagen für seine Engagement für die Mission. Es ging Arnold Janssen darum, „das Reich Jesu Christi zu errichten, die Seelen zu heiligen, die Heiden zur Erkenntnis der Wahrheit und die Sünder zum Leben in der Gnade zu führen und die Kinder Gottes […] durch die Bande des Glaubens und der Liebe zu vereinen“.10

 

Bei Gegenwind

 

Paulus schreibt dieses 4. Kapitel des Korintherbriefs aus einer Zeit von Zweifeln und Belastungen. Es geht um die Ausfaltung der „Zerbrechlichkeit“, von der er schreibt und unter der er leidet: 8 Von allen Seiten werden wir in die Enge getrieben und finden doch noch Raum; wir wissen weder aus noch ein und verzweifeln dennoch nicht; 9 wir werden gehetzt und sind doch nicht verlassen; wir werden niedergestreckt und doch nicht vernichtet. 10 Immer tragen wir das Todesleiden Jesu an unserem Leib, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib sichtbar wird. 11 Denn immer werden wir, obgleich wir leben, um Jesu willen dem Tod ausgeliefert, damit auch das Leben Jesu an unserem sterblichen Fleisch offenbar wird. 12 So erweist an uns der Tod, an euch aber das Leben seine Macht. (2 Kor 4,8-12)

 

Diese Erfahrung ist uns in der Steyler Geschichte nicht fremd. Als Arnold Janssen anfing, sich für das Engagement der Kirche in deutschen Landen einzusetzen und nach Umsetzungsmöglichkeiten suchte, lebt er in einem Kontext des klaren Widerstands: Der Kulturkampf11 behinderte die Ausübung des Glaubenslebens der Katholiken und bekanntlich konnte Janssen ja seine Idee nicht im Bereich des Deutschen Reichs umsetzen, sondern ging hierher herüber nach Steyl, auch nicht gerade der Nabel der Welt damals.

 

Dazu wird man wohl zugeben sollen, dass der Kulturkampf ja nicht ganz von ungefähr kam: Durch die Machenschaften eines Papstes Pius IX. mit der Unfehlbarkeitserklärung, mit dem Syllabus der verbotenen Bücher, mit dem I. Vatikanischen Konzil machte allen klar, dass die Katholiken im Deutschen Reich wohl mehr Loyalität dem Papst gegenüber halten würden – und in einer eigenartigen Drehung von Glauben, aus heutiger Sicht wohl klar als Missbrauch einzustufen – als ihrem Land gegenüber.12 Und dagegen wehrte sich das Reich. Dazu kommt die Reaktion auf dieses Drängen Arnold Janssens, dass sich auch die Deutschen für die Mission interessieren müssen. Man erinnere sich an die Aussage, dass es sich bei Arnold Janssen um einen Verrückten oder Heiligen handeln müsste.13

 

Von Anfang also steht Mission und Evangelisierung bei den Steylern unter dem Zeichen des Widerspruchs: Der Kontext des Kulturkampfs bei der Gründung spielt also eine wesentliche Rolle. Bald darauf kommt der Zusammenhang des Kolonialismus ins Spiel, und hier haben wir wahrscheinlich angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen im Diskurs noch mehr an Aufarbeitung nötig als wir bisher gemacht haben: Arnold Janssen hat unterschiedlichen Gesprächspartnern gegenüber durchaus taktisch agiert und gelegentlich die Arbeit der Steyler deutlich in den Zusammenhang der kolonialen Unternehmungen des Deutschen Reichs gestellt. Die Wahl Chinas als dem ersten Missionsgebiet der Steyler hängt mit kolonialen und imperialistischen

Vorgängen zusammen, die dazu führten, dass China überhaupt als Missionsgebiet in den Horizont Janssens kam. Für die koloniale Option des Deutschen Reichs in China waren die Steyler zu gegebener Zeit tatsächlich hilfreich, was mit der Ermordung der beiden Steyler Richard Henle und Franz Xaver Nies Anfang November 1897 zusammenhängt.14 Nur dass es da umgekehrt war: die Steyler boten dem Deutschen Reich einen willkommenen Anlass zur Intervention. Zu beachten ist, wie die Mission vom politischen und imperialen System in Dienst genommen wurde: Kommentar des Kaisers zur Meldung von der Ermordung deutscher Missionare: „Also endlich haben uns die Chinesen den schon von Marschall, Ihrem Vorgänger, so lang ersehnten Grund und ‚Zwischenfall‘ geboten. Ich beschloss, sofort zuzugreifen.“15

 

Die Steyler folgten in ihren Missionsengagements den Routen des Kolonialsystems: Togo in 1892, relativ bald nach der berüchtigten Berliner Kongokonferenz 1884-85, und Kaiser-Wilhelmsland (Papua-Neuguinea) 1896. Etwas anders gelagert ist der Anfang in Brasilien und Argentinien, wo die Steyler den deutschen Migranten folgten. Beachtlich erscheint mir im Zusammenhang mit der Mission in Togo, dass sich dort die Steyler in den Konflikt hineinbegaben, und zwar auf Seiten der einheimischen Bevölkerung gegen Willkürmaßnahmen, Übergriffe und Härten der Verwaltungsbeamten und Kolonisten. Darius Piwowarczyk spricht in diesem Zusammenhang sogar von einem „Kulturkampf in Togo“16. Dieser Streit kochte bis in den Reichstag hoch und führte auch zu Konsequenzen, auf Steyler Seite musste dann das „Bauernopfer“ gebracht werden dergestalt, dass der Ankläger Franz Müller Togo verlassen musste und in Paraguay weiter tätig war.

 

In den Zusammenhang einer Mission in kolonialen Beziehungen gehört das Drama, das sich mit dem Ende des Ersten Weltkriegs ergab, als die deutschen Missionare aus den deutschen Kolonien ausgewiesen wurden – mitgefangen, mitgehangen. Eine andere Konstellation zwischen politischer Herrschaft, Widerstand und Suche nach Befreiung ergab sich auf den Philippinen in der Zeit der Marcos-Diktatur. Mehrere Steyler Missionare traten nicht nur bei Demonstrationen auf, sondern schlossen sich dem aktiven Guerrillakampf an: Ed de la Torre verbrachte in diesem Zusammenhang lange Jahre im Gefängnis und steht weiterhin in guten Beziehungen zur SVD; er war der Koordinator der ehemaligen Steyler auf den Philippinen und schrieb eine hoch interessante Überlegung zu seiner Beziehung zu Kirche und Politik;17 anders vielleicht Conrad Balweg, der sich auch der Guerrilla anschloss, teilweise im Untergrund lebte und letztlich doch eine tragische Figur wurde.18

 

Die Haltung von Solidarität und Unterordnung der eigenen Nation oder der Herrschaft und dem Staat gegenüber ist also durchaus vielschichtig. Arnold Janssen und die früheren Steyler gingen sicher davon aus dass man sich – nach dem Römerbrief – der gottgegebenen Staatsautorität unterwerfen muss, hatten aber gelegentlich auch keine Zweifel, in Solidarität den misshandelten und ausgebeuteten Einheimischen gegenüber auch gegen die staatliche Autorität aufzutreten. Solche kritische Haltungen waren dann auch öfter zu beobachten bei Steylern, die sich geistig-geistlich oder ideologisch im Horizont der Befreiungstheologie bewegten. Allerdings müsste man auch hier noch einmal über die Kontexte von Hegemonie und imperialen Machtgefällen nachdenken, wenn ich etwa auf meine eigene Geschichte in Ecuador zurückschaue, wo ich mich in Haltungen und Stellungnahmen äußerte, für die ich auf meine europäisch-weiße Mann- und Priesteridentität stützen konnte.

 

 

Theologische Begründungen

 

Ich gehe eigentlich mehr davon aus, dass Arnold Janssen vom Gebetsapostolat her zur Mission kommt und seine Theologie vielleicht gar nicht so bestimmend war für eine praktische Handlungsanweisung. Um die Zeit der Gründung der Steyler Missionare begann eine formel- lere Überlegung zu einer Theologie der Mission und Missionstätigkeit, wie so oft bei den Protestanten zuerst.

 

Josef Schmidlin, der Begründer der katholischen Missionstheologie, schreibt etwas später über das fehlende Reflexionsinteresse in der katholischen Kirche: Namentlich für den Missionsbegriff und seine wissenschaftliche Festlegung gilt der Satz P. Streits, dass man in der katholischen Welt im Gegensatz zur protestantischen die Mission stets als etwas Selbstverständliches betrachtet und daher nicht viele Worte darüber gemacht hat. Während die Protestanten, genötigt durch den Drang, die Mission gegen ihre prinzipiellen Widersacher zu rechtfertigen und eine objektive Richtschnur für ihre Missionspraxis zu finden, dem Missionsbegriff längere Exkurse und ganze Abhandlungen gewidmet haben, hat man sich katholischerseits bisher im allgemeinen mit der praktischen Missionsarbeit begnügt, ohne sich über die dem spontanen Handeln zugrunde liegende Idee oder gar ihren Terminus Rechenschaft zu geben; zwar hat diese Idee mehr oder weniger unbewusst von jeher der Missionstätigkeit vorgeschwebt und insofern logisch und psychologisch schon vor ihr bestanden, aber man versäumte es oder empfand das Bedürfnis nicht, weiter über sie nachzudenken und sie zum reflexiven Stadium zu erheben… 19

 

Und dort schreibt Gustav Warneck in seiner Missionslehre in theologischer und schriftbezogener Weise, was Arnold Janssen auch gut nachvollziehen konnte: Der göttliche freie Willensratschluss, der aus dem Nichts die Welt ins Dasein rief, ist ein in sich einiger mit dem göttlichen freien Heilsratschluss, kein bloß auf die Weltsetzung gerichteter, sondern ein zugleich auf das Gottesreich angelegter, die Welterrettung und Weltvollendung umfassender. Der Gott, der das Universum ins Dasein rief, legte also von den Äonen her seine gesamte Schöpfung auf ein universales Heil an; darum schuf er nicht bloß eine ihm ebenbildliche Menschheit, die von einem Blut auf dem ganzen Erdkreis wohnt (Apg 17,26), sondern er machte auch diese gottebenbildliche einheitliche Menschheit in ihrer Gesamtheit zum Gegenstand seiner in Christus beschlossenen rettenden Liebe.20

 

Bei Warneck wird der universale Heilswille in Gott von der Schöpfung her begründet. Darin liegt der enge Zusammenhang zwischen Evangelium und Mission: Denn Evangelium und Missionsgedanke sind so ineinander verwachsene und darum notwendig miteinander gegebene Dinge, dass sie auf einen und denselben Ursprung zurückgeführt werden müssen. Ist das Evangelium von Gott, so ist auch der Missionsgedanke von Gott. Denn es ist derselbe göttliche Gnadenratschluss, der in Christus das Heil bereitet und der die Einleibung der Heiden in die Hausgenossenschaft Gottes durch den Dienst des Evangeliums geordnet hat. Beides wird unter dem „Geheimnis Christi“ zusammengefasst (Eph l,9f; 2.11ff; 3,4ff). Dieser bis auf die Wurzel reichende organische Zusammenhang zwischen Evangelium und Mission ist allerdings eine dem Paulus vor den anderen Aposteln mit leuchtender Klarheit aufgegangene Erkenntnis; aber diese Erkenntnis ist ihm nicht lediglich gekommen auf dem Weg logischer bzw. theologischer Schlussfolgerungen, sondern sie ist ihm als ein neues Licht aufgegangen, kraft göttlicher Erleuchtung.21

 

In diesem Sinne dachte auch Arnold Janssen. Er stellt sich vor, wie Jesus auf China schaut: China, das große Land der Hoffnungen und Schmerzen Jesu. Wenn der Blick unseres göttlichen Heilandes über die Erde geht, so muss er mit ganz besonderer Trauer das Land China berühren. Dieses Land weckt das Interesse Jesu in ganz besonderer Weise. Aber nicht etwa wegen seiner Ausdehnung; denn es gibt noch weit größere und ausgedehntere Länder. Auch nicht wegen Schönheit der Thäler und Berge oder wegen Fruchtbarkeit der Ebenen oder wegen reicher Ausbeute seiner Bergwerke. Alles dieses ist unserm göttlichen Heilande völlig Nebensache. Aber was Ihm keine Nebensache ist, das ist die große Menge der Menschen, die dort leben. Jeder Mensch hat eine unsterbliche Seele, und mag er auch ein Mamluk oder Neger sein. Mag sein Leib lang oder kurz, grad oder krumm gewachsen sein, mag die Farbe seiner Haut weiß oder schwarz, gelb oder roth sein, das sind Alles Nebensachen. Er ist und bleibt ein Mensch, im Besitze einer kostbaren Seele, welche das Ebenbild Gottes ist, geschaffen für Seine Erkenntniß und Liebe, bestimmt, auf ewig glücklich oder unglücklich zu werden. Darum geht es unserm Herrn eben wie jenem frommen Missionar, welche in der Einleitung eines Werkes über seine Missionserlebnisse also spricht: „Nachdem ich die schönsten und größten Welttheile durchwandert, finde ich nichts, was nicht klein und verächtlich wäre im Vergleich mit so vielen Seelen, welche Jesus Christus höher schätzte als Sein Eigenes Blut. Denn Er hat es bis zum letzten Tropfen vergossen, um nur zu verhindern, dass nicht Alle zu Grund gehen.“22

 

Aus ganz traditionellen Argumenten gewinnt also Arnold Janssen einen Zugang und eine Möglichkeit für die Verkündigung des Evangeliums weltweit. Ähnlich schöpfungsbezogene und philosophische Begründungsgedanken finden sich lange Zeit hindurch. Als abschließendes Beispiel für eine irgendwie traditionelle Missionsbegründung greife ich die dicke und über Jahrzehnte gültige Missionstheologie von Thomas Ohm OSB auf: Das Heil des Menschen ist Gott. »Salus tua ego sum«, sagt Er selbst seinem Ebenbilde und Gleichnisse. Gott ist das Licht und die Wärme, die Wahrheit und die Liebe. Durch ihn gelangt der Mensch zur Vollendung, Freude und Seligkeit. Gott besagt Ordnung und bringt sie. Durch ihn kommt alles in Ordnung und Harmonie. Der Mensch ist heil, wenn Gott in und an ihm seine Idee verwirklicht findet, wenn Gott Wohlgefallen an ihm hat und ihm nahe ist – Dominus prope. Der Mensch ist heil, wenn er seinem Schöpfer entspricht und zur Ehre gereicht, wenn er Gott ehrt und ihm dient, wenn er Gott kennt, Gott liebt und in Gott seine Seligkeit hat, nicht bloß natürlich, sondern übernatürlich, kurz, wenn er gottnahe und gottverbunden ist, wenn er Gott »anhängt« und dieses »adhaerere Deo« ihm gut tut. Der Mensch ist heil, wenn er Gott besitzt und das Leben des Menschen und der Gemeinschaften göttlich geordnet ist.23

Mit solchen grundlegenden Aussagen wie „das Heil des Menschen ist Gott“ können wir natürlich bis heute völlig übereinstimmen. Aber das Durchbuchstabieren der Folgerungen ist seither komplizierter geworden.

 

In dieser Generation

 

Um die Jahrhundertwende vom 19. zu 20. Jahrhundert war die (europäische) Welt weitgehend in Ordnung. Der Beginn des neuen Jahrhunderts ermöglichte einen Blick auf die gesamte Welt zu nehmen – eine Vorausnahme der Perspektive von Globalisierung – und verleitete wie andere Jahrhundertwenden zu optimistischen Sichtweisen. Der bedeutende nordamerikanischen methodistische Missionsanimator John R. Mott schrieb 1900 zu diesem Anbruch eines neuen Zeitalters, dass es jetzt darum geht, eine koordinierte Aktion zu starten, um die ganze Welt in dieser Generation zu evangelisieren: Es ist darunter zu verstehen, dass allen Menschen eine ausreichende Gelegenheit geboten werden soll, Jesus Christus als ihren Erlöser kennen zu lernen und seine wahren Jünger zu werden. […] Wenn das Evangelium allen Menschen gepredigt werden soll, so muss dies offenbar geschehen, so lange sie leben. Die Evangelisation der Welt in dieser Generation bedeutet also die Predigt des Evangeliums an die, welche gegenwärtig leben. Wir, die wir die Verantwortung für die Verkündigung des Evangeliums haben, sollen darunter unsere Lebenszeit verstehen; für diejenigen, denen es verkündigt werden soll, ist ihre Lebenszeit gemeint. Die Nichtevangelisierten, für welche wir als Christen verantwortlich sind, leben in dieser Generation; und die Christen, deren Pflicht es ist, ihnen Christum darzustellen, leben auch in dieser Generation. Der Ausdruck ‚in dieser Generation’ hat daher genau genommen für jede Person eine verschiedene Bedeutung.24

 

Dieser Enthusiasmus führte dazu, dass sich 1910 eine große Missionskonferenz in Edinburgh versammelte, mit 1200 Teilnehmern als Vertretern vor allem von 170 Missionsorganisationen. Die römisch-katholische Kirche nahm nicht formell teil, war aber über die Konferenz und die Vorgänge informiert – was für die damalige Zeit eigentlich sehr bemerkenswert ist. Ebenso ist bemerkenswert, dass in Edinburgh die katholischen Länder wie in Südamerika oder Philippinen nicht als Missionsterritorien angesehen wurden.25 Die Missionstätigkeit wurde lokalen Kirchen und ihren Organisationen – im protestantischen Bereich – und den Kirchen der verschiedenen Länder zugeordnet. Von daher ja das große Anliegen Arnold Janssens, dass auch die deutschen Länder sich an der Mission beteiligen. Damit war allerdings auch gegeben, dass diese Missionen leichter in die kolonialen Beziehungen eingebaut waren. Für die Steyler hatte das zum Beispiel zur Folge, dass sie in ihrer Mission in China auf die französische Schutzherrschaft angewiesen waren. In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts versuchte das Deutsche Reich, selbst zur Schutzmacht für die deutschen Missionare zu werden – vor allem ein machtpolitisches Interesse. Bischof Anzer und die Steyler in China machten dabei mit.26 Dieses hohe Anliegen der Evangelisierung in aller Welt durch die christlichen Mächte Europas erlebte sehr bald einen tragischen Rückschlag: Im Jahr 1914 brach der erste Weltkrieg aus. Für die „Heidenvölker“ stellte er in religiöser Hinsicht das Paradox dar, dass es in diesem Weltkrieg gerade christliche Mächte waren, die sich bekriegten und damit das Glaubenszeugnis verunmöglichten.

 

Maximum Illud – 1919

 

Von daher ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass sich sehr bald nach dem Weltkrieg der Papst mit einem neuen Vorschlag zur Mission meldete. Papst Benedikt XV. hatte ja schon während des Kriegs immer wieder versucht zu einem Frieden zu kommen. Im Jahr 1919 veröffentlichte er die bedeutende Missionsenzyklika Maximum illud – „Die hohe und hehre Aufgabe“ der Mission.27 Darin wird den nationalen Ansprüchen in der Missionsarbeit eine Absage erteilt: In der Mission geht es um die Ausbreitung des Reiches Christi, folglich steht die Kirche als übernationale Größe im Zentrum. National bezogene Anliegen und Ansprüche bezeichnet Benedict XV. sogar als „abscheuliche Pest“: Zunächst schwebe Euch immer die Erhabenheit und Größe Eures Berufes, für den Ihr Eure Kraft verzehrt, vor Augen. Die Euch übertragene Sendung ist geradezu göttlich und weit über die Armseligkeit menschlicher Rücksichten erhaben: denen, die im Todesschatten schmachten, Licht zu bringen und denen, die ins Verderben eilen, den Weg zum Himmel zu öffnen. Begreift daher, daß zu jedem von Euch der Herr gesagt hat: «Vergiß dein Volk und dein Vaterhaus!» und denkt daran, daß Ihr nicht ein Menschenreich auszubreiten habt, sondern das Reich Christi; daß Ihr nicht für das Vaterland hier auf Erden Bürger zu werben habt, sondern für das Vaterland, das droben ist. Es wäre wirklich zu bedauern, wenn es Missionare gäbe, die scheinbar so auf ihre Würde vergäßen, daß sie mehr an das irdische als an das himmlische Vaterland dächten, und daß sie sich mehr als recht und billig für die Ausbreitung seiner Macht und seines Ruhmes einsetzten! Das wäre für die apostolische Arbeit eine abscheuliche Pest, die alle Spannkraft der Liebe zu den Seelen im Künder der Frohbotschaft lähmen und sein Ansehen beim Volk untergraben würde.28

 

Hinwendung zu Gott

 

Es war wieder nach einer Weltkatastrophe, als ein anderer wesentlicher Schritt im Verständnis von Mission eingeleitet wurde: Der Zweite Weltkrieg war ebenfalls wieder zwischen christlichen Mächten ausgetragen worden.

 

Der Weltkirchenrat – damals noch unter einem anderen Namen und mit einer anderen Struktur – hatte sich schon zu verschiedenen Missionskonferenzen im Gefolge von Edinburgh 1910 versammelt. Eine erste Konferenz nach dem 2. Weltkrieg war notgedrungen etwas schmal ausgefallen, aber für 1952 wurde wieder eine größere Konferenz geplant, und das ausgerechnet in Deutschland, in Willingen. Daran nahmen vor allem Missionare aus den Siegermächten teil – ein Zeichen für Versöhnung und Überwindung von Konflikten. Auf dieser Konferenz stand einerseits das Scheitern durch den Weltkrieg prominent auf der Agenda, andererseits aber auch die wesentliche Veränderung mit China. 1949 hatte die kommunistische Revolution das Land verändert und die Missionare ausgewiesen, das riesige und oft auch blühende Missionsgebiet musste verlassen werden. Viele der vertriebenen Missionare aus China waren an der Konferenz in Willingen beteiligt. Ich halte es für interessant, dass vielleicht gerade auch sie es waren, die die Veränderungen in China mit dem Engagement für Menschenrechte, Menschenwürde und Bildung, das vom Regime als Priorität dargestellt wurde, in positiver Weise würdigten. „Wenn schon die Kommunisten sich um Menschenwürde usw. kümmern, um wieviel mehr müssen wir das tun!“, war das Motto, und nicht die Verurteilung des Systems.

Zum theologischen Hintergrund gehört allerdings doch auch ein – zweifellos berechtigter – Zweifel an der politischen Machbarkeit von Menschenwürde und der Verwirklichung religiöser Ideale. Das war vor allem dem protestantischen Theologen Karl Barth schon in den 1920er Jahren aufgefallen. Er betrachtete in streng protestantischer Sicht die Religion letztlich doch als menschliche Konstruktion und forderte eine bedingungslose Rückbindung an Gott. Es kann also nicht die Religion sein, die den Menschen zum Heil führt, sondern es ist Gott selbst, der Heil bietet.

Diese religionsskeptische Haltung wurde in Willingen aufgegriffen. Daher müsste sich die Mission auch stärker an Gott ausrichten und nicht kirchliche Strukturen verbreiten. Diese Sichtweise wurde in den Jahren nach der Konferenz von Willingen von Karl Hartenstein und Georg Videdom unter dem Schlagwort der „missio Dei“ verbreitet. Es geht um die Perspektive, dass die Mission letztlich eine Angelegenheit Gottes ist, in die die menschlichen Akteure – Kirchen, Kongregationen, Jüngerinnen und Jünger – hineingenommen sind. Das Heil kommt nicht von der Kirche, sondern von Gott. Es geht also grundlegend um eine Hinwendung zu Gott.29

Diese Perspektive blieb allerdings weitgehend auf die evangelischen Kirchen beschränkt. Im katholischen Raum der Theologie wurde die Konferenz weitestgehend nicht rezipiert. Mit dem II. Vatikanum ging die katholische Kirche allerdings in eine ähnliche Richtung.

 

 

Aktuelle Begründung der Mission

 

Eine erste Feststellung muss sein, dass es seit langem nicht mehr eine Mission und folglich auch nicht eine Missionstheologie gibt, sondern Mission, Kirche und Theologie existieren in Wirklichkeit nur im Plural.

Mit dem II. Vatikanum wurde für die katholische Kirche klar, dass die gesamte Kirche ihrem Wesen nach missionarisch ist (AG 2). Es geht bei der Missionstätigkeit also nicht mehr um eine Aktivität einiger Spezialisten – wie die Steyler Missionare oder Schwestern –, sondern zur Kirche gehören bedeutet, missionarische engagiert zu sein. Die Folgen dieser Aussage haben sich noch lange nicht durchgesetzt. Ich bemerke in diesem Zusammenhang des Öfteren, dass wir Steyler 25 Jahre gebraucht haben, bis wir auch Europa als Missionsland – und damit als Möglichkeit für Missionsbestimmungen für Steyler aus anderen Kontinenten – anerkannten; und manche Kongregationen schlagen sich mit dem gleichen Problem bis in unsere Tage herum. Aber auch diese so ausgeweitete Missionsauffassung war noch deutlich ekklesiozentrisch angelegt: Es geht um die Kirche, die sich – ad gentes – auf eine Außenwelt richtet. In den folgenden Orientierungen für die Mission ging es um die Evangelisierung: Paul VI verschob den Akzent von der Mission auf die Evangelisierung, auf das Evangelium: Evangelii nuntiandi (1975).30 Dabei fällt auf, dass mit „Evangelisierung“ sehr viele Aktivitäten und Perspektiven gemeint sein können.

 

Wir bereiteten für 2015 die Steyler Missionschronik vor, zum 40-Jahr-Jubiläum von EN. Im Team gab es Ängste, dass diese Chronik zu theoretisch und thematisch zu eng sein könnte. Aber beim Durchschauen durch EN stellte sich heraus, dass es gut 20 Möglichkeiten gibt, wie man „evangelisieren“ kann. Das zeigt sich dann vor allem im Bildteil, an denen wir Fotos aus verschiedenen Gegenden um Tätigkeiten herum anordnen konnten – eine recht nette Sammlung von unerwarteten „Evangelisierungstätigkeiten“. Die nächste größere Enzyklika zum Verständnis von Mission war Johannes Paul II. Redemptoris missio (1990). Darin wird das Reich Gottes in das Zentrum gestellt. Johannes Paul spricht von seiner eigenen Betroffenheit angesichts der vielen Völker Gerade der unmittelbare Kontakt mit den Völkern, die Christus nicht kennen, hat mich von der Dringlichkeit einer solchen Aktivität, der diese Enzyklika gelten soll, noch mehr überzeugt. Das Zweite Vatikanische Konzil wollte das Leben und die Tätigkeit der Kirche in Anpassung an die Bedürfnisse der heutigen Welt erneuern. Es hat die missionarische Aufgabe, deren Dynamik es auf die trinitarische Sendung selbst gründete, in den Vordergrund gestellt. (RM 1)

 

Nicht überraschend geht Johannes Paul davon aus, dass Christus der alleinige und einzige Erlöser der Menschheit ist und daher alle „Völker ihre Türen für Christus öffnen“ (cf. RM 3). Mit Jesus Christus geht es um die Anwesenheit des Reiches Gottes, das nach Johannes Paul natürlich nicht von der Kirche getrennt werden kann (RM 18). In dieser Enzyklika geht es dann auch schon um eine in etwa „neue Evangelisierung“ und das Hineingehen in die Areopage unserer Zeit (RM 37c).31 Bei den Steyler Missionaren wurden die Leitgedanken für Mission in etwa in ähnlichen Perspektiven formuliert. Nach dem II. Vatikanischen Konzil war es ja zunächst darum gegangen, die eigene Ausrichtung den neuen Einsichten anzupassen. Dazu fanden mehrere Generalkapitel statt.32 Das Generalkapitel 1982 griff die neue Perspektive der Option für die Armen auf. Möglicherweise ging es dabei auch um Einflüsse von Befreiungstheologien, die schon die lateinamerikanische Kirche mit den Konferenzen von Medellín und Pueblo kreativ befördert hatten. Das folgende Kapitel 1988 legte als Programm das „passing over“ vor: Über die eigenen Horizonte hinausgehen, den anderen begegnen.

 

Für 1994 sollte es um die Perspektive von communio gehen, möglicherweise ein Nachhall der Bischofssynode zur Auswertung des II. Vatikanums, die den Aspekt der communio betonte – wohl auch in der klaren Absicht, die Dynamik des Konzils zu bremsen und alle Sichtweisen von Befreiung zu unterdrücken. An diesem Kapitel war ich selbst anwesend (als Übersetzer) und ich habe den Eindruck, dass es aus verschiedenen Gründen ein gescheitertes Kapitel wurde, das zu keinem greifbaren Anstoß für die Mission der SVD wurde. Allerdings erinnere ich mich auch, dass die Vorstellungen von neuen Perspektiven und programmatischen Vorgaben kritisch gesehen wurden. „Wir sind Missionare und haben keine Zeit, uns mit Theorien herumzuschlagen“, war der Tenor dieser Sichtweisen. Mission ist vor allem eine Praxis, und man muss ohnehin tun, was zu tun ist. Vielleicht ist es in diesem Zusammenhang etwas überraschend, dass beim Generalkapitel 2000 doch wieder eine theoretische Sichtweise in den Vordergrund kam, und das noch als explizit theologische Sichtweise. Ich habe mich schon öfter dazu geäußert, dass die wirklich grundlegende Erneuerung auf diesem Kapitel mit der Begründung in der missio Dei kam. Allerdings wurde in den ersten Jahren danach vor allem die späte Konsequenz so einer Sicht in den Vordergrund gestellt – der prophetische Dialog. Selbst dieses Missionsverständnis ist inzwischen über die SVD hinaus aufgegriffen worden, und die missio Dei ist aktuell wohl die gängige Sicht von Mission.

 

Gottes Mission im Vordergrund

 

Als die aktuelle Begründung und Perspektive auf Mission würde ich die Konzeption der missio Dei ansehen. Diese Sichtweise ist neuerdings tatsächlich durch die Steyler in den Vordergrund gespielt worden: Auf dem Generalkapitel 2000 ist es die Leitidee. Auch wenn diese Sichtweise schon 1952 auf der protestantischen Missionskonferenz in Willingen33 angesprochen wurde und danach allerhand Prominenz erlangt hat, trat sie später in den Hintergrund. In AG wird eine Formulierung von missio Dei eigentlich explizit verwendet: Die pilgernde Kirche ist ihrem Wesen nach „missionarisch“ (d. h. als Gesandte unterwegs), da sie selbst ihren Ursprung aus der Sendung des Sohnes und der Sendung des Heiligen Geistes herleitet gemäß dem Plan Gottes des Vaters. (AG 2)

 

Aber ich finde es sehr interessant, dass es dort keinen Hinweis auf Willingen gibt. Yves Congar erwähnt Willingen nicht,34 und bis zum II. Vatikanum fand ich auch keine Rezeption bei den katholischen Missiologen wie Karl Müller.35 Umso interessanter ist es, dass beim Generalkapitel 2000 die Steyler Missionare gerade diese Sichtweise ins Zentrum stellen: Die Kapitelerklärung geht zunächst einen Dreischritt nach Sehen–Urteilen–Handeln und schaut auf unsere Welt (#11-23; unsere Kirche (#24-28) und unsere Gesellschaft (#29-33). Überraschenderweise kommt es beim „Urteilen“ zu einem Glaubensbekenntnis: Der Ausgangspunkt dafür muss immer die Überzeugung sein, dass Mission an erster Stelle „Werk des Geistes“ (RM 24) ist und dass unsere Berufung als Einladung zur Mitarbeit an der Mission des Dreieinigen Gottes zu verstehen ist. Durch den Willen des Vaters und das Wirken des Heiligen Geistes vermittelt das Göttliche Wort der Welt Leben und führt uns so enger zusammen. (#34)

 

Diese Mission Gottes im Geist zeigt uns das Heilwirken des Dreieinigen Gottes, von der Schöpfung zur neuen Schöpfung (#35-41), in das die Kirche hineingenommen ist: „Berufen zur Teilnahme“ (#42-45) und die „SVD – vom Geist berufen, an der Sendung der Kirche teilzunehmen“ (46ff), mit der Folge des prophetischen Dialogs. 36 Seither und vor allem dank der Arbeit von Stephen Bevans, Roger Schroeder und einigen anderen sowie dem Anstoß, der vom 50-Jahr-Jubiläum von Willingen ausging, kommt die missio Dei im 21. Jahrhundert wieder in den Vordergrund der theologischen Reflexion über die Mission.37 Ich würde diese Sichtweise inzwischen für die allgemein angenommene und interessante Perspektive halten. Unser Institut organisierte im November 2022 auch eine größere Konferenz zum Thema in Siegburg.38 Das hat sich unter anderem auch an der großen Konferenz in Rom Ende März gezeigt, als um die 250 interessierte TeilnehmerInnen an allen drei Tagen zum Thema der missio Dei dabeiblieben.39 Soeben ist bei uns eine Missiologiezeitschrift aus Indien eingetroffen, in der diese Sichtweise ebenfalls ausführlich behandelt wird.40

 

Zerbrechlich?

 

Es geht in der Ausstellung und in diesem Vortrag dazu um die Zerbrechlichkeit von Mission und unseres Verständnisses davon. Wenn man sich den Großteil unserer Kongregation vor Augen führt, muss man wohl feststellen, dass tatsächlich die theologischen und theoretischen Grundlagen unserer Arbeit durchaus zerbrechlich sind, die Fundamente sind nicht so fest und sicher wie es vielleicht bei „Fundamentalisten“ gesehen wird.

 

Die Vorstellung, sich mit seiner Missionsperspektive tatsächlich auf Gott verlassen zu sollen, ist vielleicht vielen Steylern zu unsicher. Eine unbedingt geforderte gemeinschaftliche Unterscheidung der Geister, um herauszufinden, wo Gott in der Welt am Wirken ist und uns dort – dies- und jenseits der Grenzen von Kirche, Religion, politischer Zugehörigkeit usw. – in Freiheit und Gelassenheit zu engagieren, ist wenigstens mir nicht bekannt. Da wenden wir uns lieber festen Verpflichtungen zu – in Pfarreien, in der Arbeit in wissenschaftlichen Instituten, in Lehrtätigkeiten, in Verwaltungsaufgaben. Da gibt es feste Rahmenbedingungen und Zweifel können in der Freizeit abgearbeitet werden. Es ist meiner Meinung nach immer noch so, dass die praktischen Folgen der Sicht von missio Dei bei weitem noch nicht klar sind, und das wird ja auch durch die theologischen Zweifel an der Praktizierbarkeit dieser Sicht bestätigt.

 

Allerdings zeigen ja gerade auch die Aussagen der alten und älteren Missionare in dieser Ausstellung, dass die Beziehung zu Gott und den Menschen bei weitem nicht zerbrechlich und nebensächlich ist, sondern darin der Schatz geborgen ist, für den es sich für sie zu leben gelohnt hat.

 

2 Kor 4,7-9

 

Genfer 2010

Wir allerdings sind für diesen kostbaren Schatz, der uns anvertraut ist, nur wie zerbrechliche Gefäße, denn es soll deutlich werden, dass die alles überragende Kraft, die in unserem Leben wirksam geworden ist, Gottes Kraft ist.

 

Luther 1912:

Leidensgemeinschaft mit Christus 7 Wir haben aber solchen Schatz in irdischen Gefäßen, auf daß die überschwengliche Kraft sei Gottes und nicht von uns. 8 Wir haben allenthalben Trübsal, aber wir ängsten uns nicht; uns ist bange, aber wir verzagen nicht; 9 wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen; wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um; 10 und tragen allezeit das Sterben des HERRN Jesu an unserm Leibe, auf daß auch das Leben des HERRN Jesu an unserm Leibe offenbar werde.

 

Luther 2017

Leidensgemeinschaft mit Christus 7 Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, auf dass die überschwängliche Kraft von Gott sei und nicht von uns. 8 Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen nicht. 9 Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um.

 

EÜ 2016

Die Leidensgemeinschaft des Apostels mit Christus 7 Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen; so wird deutlich, dass das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt. 8 Von allen Seiten werden wir in die Enge getrieben und finden doch noch Raum; wir wissen weder aus noch ein und verzweifeln dennoch nicht; 9 wir werden gehetzt und sind doch nicht verlassen; wir werden niedergestreckt und doch nicht vernichtet.

 

Gute Nachricht 2018

Der Dienst des Apostels in Schwachheit und Leiden 7 Ich trage diesen Schatz in einem ganz gewöhnlichen, zerbrechlichen Gefäß. Denn es soll deutlich sichtbar sein, dass das Übermaß an Kraft, mit dem ich wirke, von Gott kommt und nicht aus mir selbst. 8 Ich bin von allen Seiten bedrängt, aber ich werde nicht erdrückt. Ich weiß oft nicht mehr weiter, aber ich verzweifle nicht. 9 Ich werde verfolgt, aber Gott lässt mich nicht im Stich. Ich werde niedergeworfen, aber ich komme wieder auf.

 

Berger, 119:

Sie ist ein unermesslicher Schatz, den ich an meinem Leib wie in einem Tongefäß verwahre. Darin wird ganz deutlich, dass die reiche Vollmacht, die ich habe, von Gott kommt und nicht von mir selbst.

 

Münchener NT:

Wir haben aber diesen Schatz in tönernen Gefäßen, damit das Übermaß der Kraft sei Gottes und nicht von uns.

 

1 Barclay, William, Briefe an die Korinther, Auslegung des Neuen Testaments, Wuppertal: Aussaat Verlag 1973, 10. Siehe auch Schmeller, Thomas, Der Zweite Brief an die Korinther (2 Kor 1,1–7,4), Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament (EKK) VIII/1, Düsseldorf/Zürich/Neukirchen-Vluyn: Patmos/Benzinger/Neukirchener Verlag, 2010, 250-269.

2 Barclay, 13f.

3 Barclay, 166.

4 Berger, Klaus, Christiane Nord, Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, Frankfurt und Leipzig: Insel 2005, 119.

5 Schmeller, 254f.

6 Barclay, 190f.

7 Schmeller, 256.

8 Kleiner-Herz-Jesu-Bote 1 #2 (1874) 17.

9 KHJB 1 #1 (1874) 8.

10 So die Hinweise des Jesuiten Ramière zum Gebetsapostolat 1866, die Arnold Janssen aufgegriffen hatte. In: Ommerborn SVD, Jürgen, Arnold Janssen‘s Understanding of Mission in the Context of His Times, Verbum SVD 49/3 (2008) 241-266, 248. Siehe auch Ommerborn SVD, Jürgen, Arnold Janssens Verständnis von Mission, in Steyler Missionschronik 2024, 45-48.

11 Für eine zusammenfassende und gut verständliche Zusammenfassung zum Kulturkampf siehe jetzt Yanxia Zhang, Der Beitrag der Steyler Missionarinnen und Missionare für Kirche und Gesellschaft Chinas (1880–1955), Studia Instituti Missiologici SVD 127, Siegburg: Schmitt Verlag 2025, 23-28.

12 Siehe die Darstellung dieses Papstes in Wolf, Hubert, Der Unfehlbare. Pius IX. und die Erfindung des Katholizismus im 19. Jahrhundert, München: C. H. Beck 2020.

13 Der Kölner Bischof Paulus Melchers zum Bischof von Münster oder Paderborn, in der Erinnerung Hilgers: „‘Schau dir den einmal gut an. Der scheint da oben nicht mehr richtig zu sein; er will in dieser Zeit des Kulturkampfes ein Missionshaus gründen.‘ Beide Bischöfe haben dann herzlich über den frommen Tor gelacht“ (Bornemann, Fritz [hrsg.], Erinnerungen an P. Arnold Janssen. Gründer des Steyler Missionswerkes, Sankt Augustin: Steyler Verlag 21974, #124.

14 Zhang, 54f, 277f mit dem Hinweis auf das unangenehme Auftreten von Stenz, der eigentlich das Ziel des Anschlags gewesen war; Alt 511ff; Rivinius SVD, Karl Josef, Johann Baptist Anzer – Bischof und Mandarin, Studia Instituti Missiologici SVD 125, Siegburg: Schmitt Verlag 2024, 181-184.

15 Kommentar von Kaiser Wilhelm II. zur Meldung von der Ermordung deutscher Missionare, in Rivinius SVD, Karl Josef, Im Spannungsfeld von Mission und Politik: Johann Baptist Anzer (1851-1903) Bischof von Süd-Shandong, Studia Instituti Missiologici SVD 93, Nettetal: Steyler Verlag 2010, 514 Fußnote 60;

16 Piwowarczyk, Darius J., Transforming Africans into Cogwheels of the Imperial Machine. Ideology of Progress, Nationalism, and Ultramontane Catholicism in Service of the German Colonial Project in Togo, 1892–1914, Studia Instituti Anthropos 56, Sankt Augustin/Fribourg: Academic Press 2017, 663-685. Siehe auch Rivinius SVD, Karl Josef, Schulwesen und Sprachenfrage in den deutschen Schutzgebieten Kamerun und Togo, St. Ottilien, EOS Verlag 2022, 193-197. Mehr illustrativ im Gesamtzusammenhang Togos, siehe die Steyler Missionschronik 2022 zum 130-Jahr-Jubiläum der Mission in Togo.

17 Torre, Edicio G. dela, The Spirit of 1968, in Verbum SVD 59.1-2 (2018) 83-103.

18 Hafner, Johann Ev., Indigene Selbstbehauptung und katholischer Ökokommunismus. Der philippinische Rebellenpriester Conrado Balweg, Baden-Baden: Ergon 2022; Miotk SVD, Andrzej, Exemplary Biography of Conrado Balweg: The Case of Filipino Rebel Priests Within the Society of the Divine Word, in Verbum SVD 64 (3- 4.2023) 389-428.

19 Schmidlin, Josef, Katholische Missionslehre im Grundriss, Münster, Verlag der Aschendorffschen Verlagsbuchhandlung 1919, 40. Als würde er aktuell schreiben, setzt Schmidlin fort: „Auch unsere gegenwärtigen Auseinandersetzungen dürften wohl manchem Praktiker, der mitten im Leben steht, als müßige Begriffsspalterei und leerer Streit um Worte erscheinen; aber sie sind es ebensowenig, wie andere theologische und philosophische, überhaupt wissenschaftliche Definitionen und Begriffszergliederungen, die ja ebenfalls von Fernstehenden und Uneingeweihten nicht selten als überflüssige Düfteleien taxiert werden.“ Ebd.

20 Warneck, Gustav, Evangelische Missionslehre. Ein missionstheoretischer Versuch. Mit einer Einführung von Thomas Schirrmacher. Bearbeitet und neu herausgegeben von Friedemann Knödler, Mission Classics Bd. 8, Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft 2015, Band 1, 56. – Original: Warneck, Gustav, Evangelische Missionslehre. Ein missionstheoretischer Versuch. Erste Abteilung: Die Begründung der Sendung, Zimmers Handbibliothek der praktischen Theologie Bd. 17, Gotha: Friedrich Andreas Perthes 1892, 65.

21 Ebd. 2015, 55; 1892, 63f.

22 KHJB 1 #4 (1874) 29.

23 Ohm OSB, Thomas, Machet zu Jüngern alle Völker. Theorie der Mission, Freiburg: Wewel Verlag 1962, 146.

24 Mott, John R., Die Evangelisation der Welt in dieser Generation, Berlin: Verlag der Deutschen Orient-Mission 1901, 8, 10.

25 Zwar wurde zugegeben, dass das Christentum dort unter den papistischen Verfehlungen und der Marienkulturen verkehrte Glaubensformen hat, aber damit noch nicht gesagt ist, dass Christus zum ersten Mal verkündet werden müsste. Das hat nordamerikanische protestantische Kirchen geärgert und sie veranstalteten in Panama 1916 eine Konferenz, die sich auch auf diese „Leerstelle“ für die Verkündigung bezog. Vgl. Campos, Bernardo, De la reforma protestante a la pentecostalidad de la Iglesia. Debate sobre el Pentecostalismo en América Latina, Quito: CLAI 1997.

26 Siehe dazu Rivinius SVD, Johann Baptist Anzer, 62-97.

27 Miotk SVD, Andrzej, Das Missionsverständnis im historischen Wandel am Beispiel der Enzyklika „Maximum Illud“, Veröffentlichungen des Missionspriesterseminars St. Augustin bei Bonn 51, Nettetal: Steyler Verlag 1999; das Heft 1-2 von Verbum SVD 60 (2019) ist dieser Enzyklika gewidmet. Siehe auch Tauchner SVD, Christian, Eine hohe und heilige Aufgabe. 100 Jahre „Maximum illud“ und der Missionsmonat Oktober 2019, in Ordenskorrespondenz 60.1 (2019) 5-15; Congregation for the Evangelization of Peoples, Pontifical Mission Societies, Baptized and Sent. The Church of Christ on Mission in the World. Extraordinary Missionary Month October 2019, Cinicello Balsamo (Milano): San Paolo 2019.

28 Maximum illud #9.

29 Zum Verständnis von Willingen und missio Dei siehe vor allem das Heft Verbum SVD 2-3 (63.2022) und dort die ausführlichen weiterführenden Hinweise.

30 Üffing SVD, Martin, Evangelii Nuntiandi und Evangelisierung, in Steyler Missionschronik 2015, Sankt Augustin: Steyler Verlag 2015, 9-16.

31 Zu den Areopagen unserer Zeit würde ich eine andere Sichtweise vertreten, weil es doch so zu sein scheint, dass Johannes Paul II daran denkt, gerade auf dem „Areopag“ als der gesetzgebenden Instanz Athens das Gesetz Christi einzurichten; Paulus ist mit seinem Auftritt dabei gescheitert, müsste man anerkennen. Vgl. Tauchner, Christian, Lokalaugenschein auf dem Areopag, in Michael Sievernich, Klaus Vellguth (Hg.), Christentum in der Neuzeit. Geschichte, Religion, Mission, Mystik. Festschrift für Mariano Delgado, Freiburg: Herder 2020, 510-524.

32 Zu einer Geschichte der Generalkapitel und ihren Inhalten siehe Miotk SVD, Andrzej, The General Chapters of the Society of the Divine Word (1884-2012). The Historical Journey in the Footsteps of the Founder: The Response to the Challenges of the Times, Studia Instituti Missiologici SVD 105, Siegburg: Franz Schmitt Verlag 2016.

33 Zu den protestantischen Missionskonferenzen siehe vor allem Wrogemann, Henning, Missionstheologien der Gegenwart. Globale Entwicklungen, kontextuelle Profile und ökumenische Herausforderungen, Lehrbuch Interkulturelle Theologie / Missionswissenschaft Bd. 2, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2013, 69-172.

34 Congar, Yves, Theologische Grundlegung (Nr. 2–9), in Schütte, Johannes (Hg.), Mission nach dem Konzil, Mainz: Grünewald 1967, 134-172; id., Mon Journal du Concile. Présenté et annoté par Éric Mahieu. Avant-propos de Dominique Congar. Préface de Bernard Dupuy OP, Paris: Éditions du Cerf 2002.

35 Tauchner SVD, Christian, A Brief History of God’s Mission, in Verbum SVD 63.2-3 (2022) 189-205, 197-201.

36 Zum prophetischen Dialog gibt es eine umfassende Literatur: Silva, José Antunes da, Prophetic Dialogue. Identity and Mission of the Divine Word Missionaries. Foreword by Stephen Bevans, Studia Instituti Missiologici SVD 119, Siegburg: Franz Schmitt Verlag 2021.

37 Siehe dazu die Ausgabe zu Willingen von der IRM 91 (#367, 4.2003) sowie die deutsche Ausgabe davon: EMW, missio Dei heute. Zur Aktualität eines missionstheologischen Schlüsselbegriffs, Weltmission heute. Studienheft 52, 2003.

38 Das Vorbereitungsheft dazu „Missio Dei. Remembering Willingen … and beyond“ (Verbum SVD 63, 2- 3.2022) gibt eine gute Einführung in das Thema und die Bedeutung der Perspektive für die SVD.

39 „Missio Dei in Today’s World“. Die Vorträge der Konferenz können auf der Webseite des Generalats abgerufen werden (https://svdcuria.org/150-years-of-the-svd/). Die Beiträge erscheinen demnächst in der Reihe der Studia Instituti Missiologici SVD als Band 130.

40 Vgl. Anikuzhikattil, SDB, Joseph, The 21st Century Mission of the Church, in Mission Today 27 (1.2025) 7-17.